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Wahl-Krimi in Brasilien: Warum Präsident Bolsonaro so umstritten ist

  • Veröffentlicht: 30.09.2022
  • 14:45 Uhr
  • Galileo

Bolsonaro gegen Lula – im brasilianischen Präsidentschafts-Wahlkampf geht es vor allem um diese beiden Kandidaten. Als Favorit gilt Ex-Präsident Lula, der amtierende Präsident Bolsonaro hat aber bereits angekündigt, das Ergebnis bei einer Wahlniederlage nicht zu akzeptieren.

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Bolsonaro und die Präsidentschaftswahl in Brasilien

  • Im Oktober 2022 stehen in Brasilien die Präsidentschaftswahlen an. Erreicht im ersten Wahlgang keiner der Kandidat:innen mehr als 50 Prozent, entscheidet eine Stichwahl, wer das Amt übernimmt.

  • Vor allem zwei Kandidaten stehen im Fokus: Herausforderer und Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva führt in Umfragen deutlich vor dem amtierenden Präsidenten Jair Bolsonaro.

  • Bolsonaro sät ähnlich wie der ehemalige US-Präsident Donald Trump Zweifel am Wahlsystem und lässt offen, ob er eine Wahlniederlage anerkenne. Auf einer Wahlkampf-Veranstaltung sagte er über die Wahl: "Es gibt für mich nur drei Optionen: Ich werde verhaftet, ich werde getötet oder ich gewinne. Und ich sage […]: Ich gehe niemals ins Gefängnis."

  • Unter anderem seine Nähe zum Militär sorgt dafür, dass zahlreiche Expert:innen Gewalt befürchten, sollte Bolsonaro die Wahl verlieren.

  • Eine Besonderheit der brasilianischen Wahl: Die Ergebnisse stehen schon am Wahltag fest, denn in Brasilien sind elektronische Wahl-Urnen im Einsatz.

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Die Skandale des Präsidenten Bolsonaro

🗯 Wiederholt äußerte sich Bolsonaro rassistisch, frauenfeindlich und homophob. Während der ersten TV-Debatte im Wahlkampf 2022 attackierte Bolsonaro eine Journalistin nach einer kritischen Frage sexistisch und warf ihr vor, "eine Schande für den brasilianischen Journalismus" zu sein.

📊 Wie bereits vor der Wahl 2018 spricht Bolsonaro davon, die Wahl bei einer Niederlage nicht anzuerkennen: "Wenn wir nicht in der ersten Runde gewinnen, stimmt etwas nicht." Dafür müsste Bolsonaro bereits im ersten Wahldurchgang mehr als 50 Prozent der Stimmen bekommen.

🦠 Für seinen Umgang mit dem Corona-Virus stand Bolsonaro stark in der Kritik. Zunächst verharmloste er das Virus, später zweifelte er die Wirksamkeit von Impfstoffen an und ignorierte das Masken-Gebot. Kritiker:innen werfen ihm daher vor, für mehr als 600.000 Corona-Tote in Brasilien verantwortlich zu sein.

💵 Bei der Präsidentschaftswahl 2018 präsentierte er noch ein Anti-Korruptions-Programm, inzwischen werden ihm und einigen seiner Söhne von brasilianischen Journalist:innen Geldwäsche und Korruption vorgeworfen.

👥 Die Menschenrechte der indigenen Bevölkerung missachtete Bolsonaro. Vor allem während der Corona-Pandemie ignorierte seine Regierung lange die in der Verfassung vorgeschriebene Garantie der Nahrungsmittel-Versorgung der Bewohner indigener Gebiete.

🌎 Neue Schutzgebiete für Indigene wies Bolsonaro nicht aus - damit hätte er auch diese Flächen gegen Abholzung geschützt. Stattdessen nahmen in seiner Amtszeit Abholzung und Brandrodung im Amazons-Regenwald massiv zu.

Das Amazonas-Gebiet? Für Bolsonaro nur ein Wirtschaftsraum

  • Allein im August 2022 wurden im Amazonas-Gebiet 33.116 Feuer registriert. Bereits im ersten Halbjahr 2022 waren ungewöhnlich viele Brände gezählt worden.

  • In den Wochen vor der Wahl 2022 ist die Zahl der Brände nochmal stark gestiegen. Farmer und Farmerinnen befürchten, bei einer Wahlniederlage von Bolsonaro könnte das Brandroden wieder verboten werden.

  • Bolsonaro zweifelt den Klimawandel an und sieht im Amazonas-Gebiet vor allem ungenütztes wirtschaftliches Potential. Dafür ging er gegen Brandrodung nicht vor und schränkte Kontrollen ein. Damit müssen Landdiebe kaum juristische Konsequenzen fürchten.

  • Auf staatlichem Land, aber auch in Schutzgebieten wird Landraub betrieben: Dabei werden Flächen abgeholzt, angezündet und dann verkauft.

  • Der Amazonas-Regenwald beeinflusst das Klima weltweit: Die über ihm verdunstende Feuchtigkeit produziert Regen, der in Nord- und Südamerika niedergeht. Ohne diese Niederschläge drohen manche Regionen in Wüsten verwandelt zu werden.

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Lula will Bolsonaro als Präsident ablösen

📝 Für Lula wäre das Präsidenten-Amt nichts Neues: Bereits von 2003 bis Ende 2010 war er brasilianischer Präsident.

⚖️ Vor der Wahl 2018 wurde er zu einer umstrittenen Gefängnis-Strafe wegen Korruption verurteilt. 2021 hob das oberste Gericht Brasiliens das Urteil wegen Befangenheit eines Richters wieder auf.

🗳 Durch Informations-Kampagnen sollen vor allem junge Menschen zur Stimmabgabe motiviert werden – bei vorheriger Registrierung ist Wählen bereits ab 16 Jahren erlaubt. Das könnte Lula helfen, da die jungen Menschen Umfragen zufolge Bolsonaro ablehnen.

🗣 In seiner ersten Amtszeit setzte Lula eine Lebensmittel-Versorgung und finanzielle Unterstützung der armen Bevölkerung durch. Neben Verbesserung der Rechte von Arbeitnehmer:innen setzte er auch im Wahlkampf 2022 auf Sozialpolitik.

Herausforderer und Ex-Präsident: In den Umfragen liegt Lula deutlich vor Bolsonaro.
Herausforderer und Ex-Präsident: In den Umfragen liegt Lula deutlich vor Bolsonaro.© picture alliance / ZUMAPRESS.com | Yuri Murakami

Warum Brasiliens Wahl weltweit einzigartig ist

Bereits im Jahr 1996 stellte Brasilien als weltweit erstes Land auf elektronische Wahl-Urnen um. Die neun Kilo schweren Wahlurnen bringen den Vorteil, dass sie in dem sehr großen Land sehr schnell die Ergebnisse an die Wahlbehörden übermitteln können.

Elektronische Wahlurne sind in Brasilien seit 1996 im Einsatz.
Elektronische Wahlurne sind in Brasilien seit 1996 im Einsatz.© picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Eraldo Peres
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Diese Bedeutung hat Brasilien für die Welt

🐖 Auf den abgeholzten Flächen des Amazons wird sehr viel Soja angebaut. Mit Sojabohnen aus Brasilien werden in der Europäischen Union Tiere wie Schweine gemästet.

🌳 Die Bedeutung des Amazonas-Regenwaldes für das Weltklima ist weitreichend: So gilt der Amazonas als eines der wichtigsten biologischen Systeme und ist zudem ein riesiger Kohlenstoff-Speicher.

📈 Brasilien zählt zu den größten Volkswirtschaften weltweit. Zwischen 2010 und 2014 lag die brasilianische Wirtschaft im globalen Vergleich auf Rang sieben. 2020 und 2021 fiel das Land aus den Top Ten.

🇧🇷 In Südamerika ist Brasilien die größte, weltweit die viertgrößte Demokratie. Mit knapp 214 Millionen Einwohner:innen liegt Brasilien bei der Bevölkerungszahl im internationalen Vergleich auf Rang sieben.

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