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Du bist raus! So funktioniert ein Parteiausschlussverfahren

  • Veröffentlicht: 22.02.2023
  • 17:45 Uhr
  • Galileo
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© picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Martin Schutt

Gerhard Schröder, Thilo Sarrazin und Hans-Georg Maaßen: Das sind die derzeit bekanntesten Fälle von Parteiausschlussverfahren. Bei Schröder und Maaßen laufen die Verfahren noch. Aber warum ist ein Parteiausschluss so kompliziert?

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Das Wichtigste in Kürze zum Thema Parteiausschlussverfahren

  • Die CDU-Spitze will Hans-Georg Maaßen mit einem Parteiausschlussverfahren aus der Partei ausschließen. Hintergrund sind umstrittene Aussagen des früheren Präsidenten des Verfassungsschutzes, die Kritiker:innen als rassistisch und antisemitisch bezeichnen.

  • Besonders prominent ist der Fall Gerhard Schröder: So versucht die SPD, den Ex-Bundeskanzler aus der Partei auszuschließen. Dabei geht es vor dem Hintergrund des russischen Angriffs auf die Ukraine um Schröders Rolle in russischen Energiekonzernen sowie seine ausbleibende Distanzierung vom russischen Präsidenten Wladimir Putin.

  • Parteien definieren - vor dem Hintergrund des Parteiengesetzes - selbst, wie ein Parteiausschlussverfahren aussieht. Die Verfahren und auch die Möglichkeit, sich dagegen wehren zu können, unterscheiden sich damit leicht von Partei zu Partei.

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So läuft ein Parteiausschussverfahren

Möglich ist ein Parteiausschlussverfahren nur, wenn gegen Satzung oder Grundsätze verstoßen wird und der Partei schwere Schäden zugefügt werden.

Parteiinterne Schiedsgerichte sollen - möglichst neutral wie staatliche Gerichte - über Parteiausschlüsse beraten und entscheiden. Vergleichbar mit regulären Gerichten gibt es auch hier verschiedene Instanzen. Am Ende kann auch ein staatliches Gericht angerufen werden. Dabei gilt aber: Die Entscheidung an sich dürfen staatliche Gerichte nicht einfach kippen.

Warum Parteiausschlussverfahren oft schwierig sind

🗳 Parteien sind in einer Demokratie von zentraler Bedeutung, um bei der "politischen Willensbildung des Volkes" mitzuwirken, wie es im Grundgesetz heißt.

🗣 Entsprechend wichtig sind damit neben einer funktionierenden innerparteilichen Demokratie auch Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt.

⚖️ Willkürliche oder von persönlichen Ablehnungen initiierte Parteiausschlüsse sollen verhindert werden - darum sind die Hürden für einen Parteiausschluss hoch.

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Warum der Fall Maaßen so kompliziert ist

  • Hans-Georg Maaßen hat bei Twitter von "Rassismus gegen Weiße" geschrieben. Die CDU-Führung bezeichnete das als parteischädigendes Verhalten. Er selbst verweist darauf, dass er sich als Privatperson äußere, nicht als Parteimitglied.

  • Die Partei hatten Maaßen zu einem Parteiaustritt aufgefordert. Eine entsprechende Frist ließ Maaßen verstreichen, ohne die Partei zu verlassen. Daraufhin wurde das Parteiausschlussverfahren eingeleitet.

  • Die Schwierigkeit für das parteiinterne Schiedsgericht ist, mögliche Parteischädigungen durch die Äußerungen von Maaßen auch festzustellen.

  • Maaßen hätte nach einem Parteiausschluss die Möglichkeit, sich dagegen zu wehren. Dazu würde er zunächst weitere parteiinterne Instanzen anrufen, auch Zivilgerichte könnten mit dem Fall beschäftigt werden.

Alternative Mittel zum Parteiausschluss

Als Alternative zu einem Parteiausschluss gilt die Rüge - die öffentlich geäußert wird.

Manchmal gibt es eine Strafe auf Zeit: So kann die Parteimitgliedschaft für eine gewisse Zeit ruhen oder die Mitgliedsrechte werden auf Zeit entzogen.

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Gegen diese Politiker:innen wurden schon Parteiausschlussverfahren eingeleitet

Jahrelang beschäftigte der SPD-Ausschluss von Thilo Sarrazin die Öffentlichkeit. Er sollte laut SPD-Führung das Ansehen der Partei mit ihrer Meinung nach rassistischen und islamfeindlichen Aussagen beschädigt haben. 2020 wurde Sarrazin aus der SPD ausgeschlossen.
Jahrelang beschäftigte der SPD-Ausschluss von Thilo Sarrazin die Öffentlichkeit. Er sollte laut SPD-Führung das Ansehen der Partei mit ihrer Meinung nach rassistischen und islamfeindlichen Aussagen beschädigt haben. 2020 wurde Sarrazin aus der SPD ausgeschlossen.© picture alliance/dpa | Monika Skolimowska
Der Ex-SPD-Vorsitzende und spätere Linken-Vorsitzende Oskar Lafontaine kam einen Parteiausschluss im Frühjahr 2022 zuvor. Er verließ die von ihm mitgegründete Linkspartei während einer laufenden Parteiausschlussverfahrens. Zuvor hatte er der Partei unter anderem ein "Betrugssystem" vorgeworfen und auch die inhaltliche Linie kritisiert.
Der Ex-SPD-Vorsitzende und spätere Linken-Vorsitzende Oskar Lafontaine kam einen Parteiausschluss im Frühjahr 2022 zuvor. Er verließ die von ihm mitgegründete Linkspartei während einer laufenden Parteiausschlussverfahrens. Zuvor hatte er der Partei unter anderem ein "Betrugssystem" vorgeworfen und auch die inhaltliche Linie kritisiert.© picture alliance/dpa | Oliver Dietze
Sahra Wagenknecht will "Die Linke" nicht verlassen, obwohl nach der Veröffentlichung eines parteikritischen Buches von Wagenknecht zunächst ein Parteiausschluss gefordert worden war.
Sahra Wagenknecht will "Die Linke" nicht verlassen, obwohl nach der Veröffentlichung eines parteikritischen Buches von Wagenknecht zunächst ein Parteiausschluss gefordert worden war.© picture alliance / Flashpic | Jens Krick
2021 wollten die Grünen den Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer nach einem von Kritiker:innen als rassistisch interpretierten Facebook-Post aus der Partei werfen. Ein Kompromiss sah vor: Palmer lässt seine Partei-Mitgliedschaft bis Ende 2023 ruhen.
2021 wollten die Grünen den Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer nach einem von Kritiker:innen als rassistisch interpretierten Facebook-Post aus der Partei werfen. Ein Kompromiss sah vor: Palmer lässt seine Partei-Mitgliedschaft bis Ende 2023 ruhen.© picture alliance / Pressebildagentur ULMER | Ulmer
Max Otte wurde im Sommer 2022 aus der CDU ausgeschlossen, nachdem er zuvor auf Vorschlag der AfD für das Amt des Bundespräsidenten kandidiert hatte. Die CDU argumentierte, jede Zusammenarbeit mit der AfD verstoße gegen Grundsätze der CDU.
Max Otte wurde im Sommer 2022 aus der CDU ausgeschlossen, nachdem er zuvor auf Vorschlag der AfD für das Amt des Bundespräsidenten kandidiert hatte. Die CDU argumentierte, jede Zusammenarbeit mit der AfD verstoße gegen Grundsätze der CDU.© picture alliance / photothek | Florian Gaertner
Jahrelang beschäftigte der SPD-Ausschluss von Thilo Sarrazin die Öffentlichkeit. Er sollte laut SPD-Führung das Ansehen der Partei mit ihrer Meinung nach rassistischen und islamfeindlichen Aussagen beschädigt haben. 2020 wurde Sarrazin aus der SPD ausgeschlossen.
Der Ex-SPD-Vorsitzende und spätere Linken-Vorsitzende Oskar Lafontaine kam einen Parteiausschluss im Frühjahr 2022 zuvor. Er verließ die von ihm mitgegründete Linkspartei während einer laufenden Parteiausschlussverfahrens. Zuvor hatte er der Partei unter anderem ein "Betrugssystem" vorgeworfen und auch die inhaltliche Linie kritisiert.
Sahra Wagenknecht will "Die Linke" nicht verlassen, obwohl nach der Veröffentlichung eines parteikritischen Buches von Wagenknecht zunächst ein Parteiausschluss gefordert worden war.
2021 wollten die Grünen den Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer nach einem von Kritiker:innen als rassistisch interpretierten Facebook-Post aus der Partei werfen. Ein Kompromiss sah vor: Palmer lässt seine Partei-Mitgliedschaft bis Ende 2023 ruhen.
Max Otte wurde im Sommer 2022 aus der CDU ausgeschlossen, nachdem er zuvor auf Vorschlag der AfD für das Amt des Bundespräsidenten kandidiert hatte. Die CDU argumentierte, jede Zusammenarbeit mit der AfD verstoße gegen Grundsätze der CDU.
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