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Steuererhöhung in der Gastronomie

Mehrwertsteuer: Warum du bald mehr für den Restaurantbesuch zahlen musst

  • Aktualisiert: 21.11.2023
  • 17:01 Uhr
  • Galileo

Die Mehrwertsteuer gibt es in Deutschland schon seit über 50 Jahren. Wie sie entstand und wie hoch sie für bestimmte Leistungen ist, klären wir hier. Außerdem erfährst du, was die Erhöhung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie für dich konkret bedeutet. 

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Das Wichtigste zum Thema Mehrwertsteuer

  • Die Mehrwertsteuer (MwSt.) ist eine Abgabe, die grundsätzlich für sämtliche geschäftlichen Aktivitäten im Rahmen der Produktion und Vermarktung von Waren oder der Bereitstellung von Dienstleistungen erhoben wird.

  • In Deutschland wurde die Mehrwertsteuer, auch Umsatzsteuer genannt, 1968 eingeführt und betrug damals noch zehn Prozent. Aktuell sind es regulär 19 Prozent. Zwischen September 2022 und September 2023 hat die Bundesrepublik über die Umsatzsteuer rund 312,95 Milliarden Euro eingenommen. Sie ist damit eine der wichtigsten Einnahmequellen des Staates.

  • Die Mehrwert erheben Unternehmen für den Staat. Heißt konkret: Du zahlst als Verbraucher:in einen Bruttobetrag bestehend aus der Steuer (7 % oder 19 %) und dem Nettopreis des Unternehmens. Das behält die Mehrwertsteuer aber nicht ein, sondern führt sie an das Finanzamt ab. 

  • Aktuell wird wieder viel über die Mehrwertsteuer diskutiert. Ende 2023 wird der Satz in der Gastronomie wieder auf 19 Prozent erhöht. Restaurant-Betreiber:innen fürchten einen Umsatz-Einbruch.

Was ist die Mehrwertsteuer und warum gibt es sie?

Alle Produkte wie Lebensmittel, Kleidung oder auch immaterielle Güter wie Dienstleistungen müssen bezahlt werden. Du zahlst aber nicht nur den reinen Warenwert: Zum Preis kommt noch ein zusätzlicher Betrag hinzu, der an den Staat abgeführt werden muss - die Mehrwertsteuer.

Die Abgabe begründet sich durch den Mehrwert, der durch die Herstellung von Gütern oder Inanspruchnahme von Dienstleistungen entsteht. Letztendlich betrifft diese Steuer also dich als Endverbraucher:innen.

Weil es aber für den Staat zu umständlich wäre, jeden einzelnen privaten Einkauf individuell zu besteuern, fällt diese Aufgabe den Unternehmen zu. Sie müssen die Mehrwertsteuer in vom Staat festgelegten Prozentsätzen auf ihre Produkte erheben und über das Finanzamt an ihn abführen.

Du als Verbraucher:in bezahlst einen Bruttopreis, welcher sich aus der Summe des ursprünglichen Warenwerts (Nettopreis) und der Mehrwertsteuer ergibt.

Ein Beispiel: Ein Apfel kostet einen Euro netto. In Deutschland verlangt der Staat auf diesen Preis zusätzlich noch sieben Prozent Mehrwertsteuer. Ein Supermarkt verkauft den Apfel deshalb für 1,07 Euro brutto.

Auf Kassenbons und Dienstleistungs-Rechnungen müssen neben den Bruttopreisen auch immer verpflichtend die Nettobeträge sowie die Mehrwertsteuer angegeben sein.
Auf Kassenbons und Dienstleistungs-Rechnungen müssen neben den Bruttopreisen auch immer verpflichtend die Nettobeträge sowie die Mehrwertsteuer angegeben sein.© picture alliance/dpa | Sina Schuldt
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Die Mehrwertsteuer gerät besonders zu Krisenzeiten in die Debatte

Als die deutsche Wirtschaft mit der Corona-Pandemie im Jahr 2020 ins Straucheln geriet, traf die Bundesregierung eine historische Entscheidung: Vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020 senkte sie die Mehrwertsteuer von 19 auf 16 beziehungsweise beim ermäßigten Satz von sieben auf fünf Prozent. So wollte sie den stagnierenden Konsum wieder antreiben und dem Wirtschafts-Einbruch aus der ersten Jahreshälfte entgegenwirken.

Um den vom Corona-Lockdown verursachten Wirtschaftseinbruch einzudämmen und den Konsum anzukurbeln, senkte die Bundesregierung die Mehrwertsteuer bis Ende 2020 auf 16 Prozent beziehungsweise fünf Prozent.
Um den vom Corona-Lockdown verursachten Wirtschaftseinbruch einzudämmen und den Konsum anzukurbeln, senkte die Bundesregierung die Mehrwertsteuer bis Ende 2020 auf 16 Prozent beziehungsweise fünf Prozent.© picture alliance/dpa | Christoph Soeder

Auch durch Russlands Krieg gegen die Ukraine ist die Mehrwertsteuer wieder in den Fokus der deutschen Politik gerückt. Steigende Energiekosten, das Gas-Embargo sowie Lieferengpässe als Folge der Angriffe auf die Ukraine und der Sanktionen gegen Russland haben vor allem die Lebensmittelpreise in die Höhe schnellen lassen. Für Grundnahrungsmittel wie Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte wird gefordert, dass die Mehrwertsteuer auf null Prozent abgesenkt wird.

Ende 2023 läuft außerdem der ermäßigte Mehrwertsteuersatz für die Gastronomie aus. Dann soll der Steuersatz wieder auf 19 Prozent steigen. Dadurch werden für dich beim Restaurantbesuch die Preise steigen. Gastronom:innen befürchten ein Umsatz-Einbruch, weil sich die Verbraucher:innen neben der hohen Inflation die steigenden Preise nicht leisten können oder wollen.

Innerhalb der EU haben viele Länder einen ermäßigten Steuersatz für die Gastronomie. In 23 Mitgliedsstaaten gilt ein reduzierter Steuersatz.

7 % oder 19 % Mehrwertsteuer? Der Unterschied zwischen dem regulären und ermäßigten Steuersatz

Die Höhe der Mehrwertsteuer ist fest vorgeschrieben. Jedes Land kann die Höhe der Mehrwertsteuer weitestgehend selbst bestimmen. In Deutschland existiert die reguläre Mehrwertsteuer erst seit 1968, die ermäßigte sogar erst seit 1983.

Als Teil der Europäischen Union muss Deutschland gewisse Vorgaben berücksichtigen. Die EU legt unter anderem fest, dass die Regelsteuersätze aller Mitgliedsstaaten nicht unter 15 Prozent beziehungsweise bei dem ermäßigten Satz nicht unter fünf Prozent liegen dürfen.

Hierzulande liegt die Mehrwertsteuer knapp über diesen Untergrenzen: Gemäß des Paragrafen 12 des Umsatzsteuergesetzes erhebt die Bundesrepublik regulär 19 Prozent Mehrwertsteuer. Bestimmte Güter werden von dieser Regel ausgenommen und einem ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent unterzogen, um die Verbraucher:innen finanziell zu entlasten. In Deutschland betrifft das insbesondere Grundnahrungsmittel, den öffentlichen Nahverkehr, einige medizinische Behandlungen und den Kultur-Bereich, wie Bücher, Zeitungen und Konzert-Karten.

Vom ermäßigten Steuersatz ausgeschlossen sind Konsum- und Luxusgüter: meist sehr teure, qualitativ hochwertige Waren und Services, die als nicht zwingend notwendig angesehen werden. So sind Flugreisen innerhalb Deutschlands etwa mit 19 Prozent besteuert. Bei Lebensmitteln zählen beispielsweise Kaviar, Hummer oder Schnecken zu Luxusprodukten.

Schön, aber nicht lebensnotwendig: Luxusgüter wie Hummer und Champagner. Sie werden mit dem Regelsteuersatz besteuert.
Schön, aber nicht lebensnotwendig: Luxusgüter wie Hummer und Champagner. Sie werden mit dem Regelsteuersatz besteuert.© picture alliance / Zoonar | Vichie81

Manche Dienstleistungen und Waren sind auch von der Mehrwertsteuer befreit. Hierunter fallen beispielsweise Versicherungen, Kreditvermittlungen, internationaler See- und Luftverkehr sowie Warenlieferungen ins In- und Ausland.

Den  niedrigsten regulären Steuersatz in der EU verlangt übrigens Luxemburg mit aktuell 16 Prozent, den höchsten hat Ungarn mit 27 Prozent. Anfang 2024 wird Luxemburg die Mehrwertsteuer wieder auf 17 Prozent anheben.

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Das fällt in Deutschland unter die ermäßigte Mehrwertsteuer

🥕 Grundnahrungsmittel: Hier stellt sich die Frage, welche Lebensmittel überhaupt als essenziell gelten. Weil das in Deutschland nicht per Gesetz definiert ist, wirkt die Besteuerung manchmal etwas willkürlich. Zum Beispiel gilt bei Kartoffeln der ermäßigte Satz von sieben Prozent - Süßkartoffeln sind aber mit 19 Prozent besteuert. So verhält es sich auch mit Kuhmilch (ermäßigt) und pflanzlicher und laktosefreier Milch (regulär). Tiernahrung ist ermäßigt, Babynahrung nicht. Und obwohl Tee und Kaffee in die Sieben-Prozent-Kategorie fallen, ist Mineralwasser wieder regulär besteuert. Einigkeit herrscht darüber, dass Fleisch und Backwaren als Grundnahrungsmittel gelten und deshalb mit sieben Prozent besteuert werden. In dieser Liste aller Gegenstände mit ermäßigtem Steuersatz.

🚇 Öffentlicher Nahverkehr: Bahn-, Tram- und Bustickets sowie Taxigebühren für Fahrten innerhalb eines 50-Kilometer-Radius sind begünstigt.

🎭 Sport und Kultur: Tickets zu Sport- und Kulturveranstaltungen, also für Zoos, Stadien, Konzerten oder Theatervorstellungen werden ermäßigt besteuert. Dasselbe trifft auf Printmedien (Zeitungen und Zeitschriften) sowie Bücher und Musiknoten zu.

🩺 Medizin: Niedriger besteuert sind Fortbewegungsmittel für Menschen mit Behinderung, allen voran Rollstühle. Dasselbe gilt für Prothesen, orthopädische Vorrichtungen wie Krücken oder medizinisch-chirurgische Gürtel und Bandagen, künstliche Gelenke, Geräte, welche Körperfunktionen ersetzen (zum Beispiel Hör- und Sehhilfen sowie Herzschrittmacher) und ausgewählte zahnärztliche Leistungen. Für Ersatzteile und Zubehör gilt allerdings der reguläre Satz mit 19 Prozent.

🧑‍🌾 Landwirtschaft: Mit sieben Prozent Steuern belegt sind tierische und/oder pflanzliche Düngemittel, die nicht chemisch behandelt sind. Auch gewisse Brennholz-Formen, Sägespäne und andere Holzabfälle gehören dazu. Ebenso die Tierzucht und -haltung, die Zucht von Pflanzen und die Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tier-und Milchwirtschaft.

🧴 Damenhygiene: Seit Januar 2020 müssen Frauen auf Periode-Artikel wie Tampons, Binden, Tassen und Periodenunterwäsche nur noch den ermäßigten Steuersatz zahlen.

🛏 Wohnraum: Wer kurzfristig Wohn- und Schlafräume sowie Campingflächen mietet, muss nur mit sieben Prozent Aufschlag rechnen. Alle weiteren Dienstleistungen, zumm Beispiel in einem Hotel werden hingegen mit 19 Prozent besteuert.

🖼 Kunst- und Sammlerstücke: Kulturgut wie handgeschaffene Gemälde, Collagen, Originale aus der Bildhauerkunst oder aus Stoffen sind begünstigt versteuert. Das trifft auch auf zoologisch, botanisch, mineralogisch, anatomisch, geschichtlich, archäologisch, paläontologisch oder völkerkundlich wertvolle Gegenstände zu. Besondere Münzen, ungültige Banknoten und Medaillen fallen ebenso unter die Ermäßigung.

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