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Das Lobbyregister kommt: Was beinhaltet es und was ist Lobbyismus?

  • Veröffentlicht: 15.04.2021
  • 20:45 Uhr
  • Galileo

Deutschland bekommt ein Lobbyregister. Was bedeutet das genau und wieso steht Lobbyismus überhaupt so in der Kritik? Außerdem: Bekannte Beispiele von Lobbyismus in Deutschland.

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Das Wichtigste zum Thema Lobbyregister und Lobbyismus

  • Grundsätzlich hat Lobbyismus eine wichtige Funktion: Vertreter:innen von Interessengruppen geben Infos und Sichtweisen an die Politik weiter, die dadurch einen Eindruck von der öffentlichen Meinung bekommt.

  • In der Regel finden Treffen mit Lobbyist:innen jedoch nicht öffentlich statt. Das wird oft kritisiert.

  • Für etwas mehr Transparenz soll demnächst ein Lobbyregister sorgen. Kritiker:innen geht das geplante Gesetz jedoch nicht weit genug. Sie fordern bereits Nachbesserungen für die Zeit nach der anstehenden Bundestagswahl.

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Deutschland bekommt ein Lobbyregister

Nach jahrelangen Diskussionen hat der Bundestag vor Kurzem ein Gesetz zur Einführung eines Lobbyregisters verabschiedet. Zum Jahreswechsel wird es voraussichtlich in Kraft treten.

In dem öffentlich einsehbaren Lobbyregister müssen die Lobbyistinnen und Lobbyisten benennen, für wen sie arbeiten und welche Geldmittel dabei zur Verfügung stehen. Außerdem müssen sie einem Verhaltens-Kodex zustimmen. Verstöße dagegen können Geldstrafen in Höhe von bis zu 50.000 Euro zur Folge haben.

Nach einigen Skandalen und Affären in den vergangenen Jahren wurden die Forderungen nach einem Register zuletzt immer lauter. Auch Lobbyistinnen und Lobbyisten selbst setzten sich für ein solches Verzeichnis ein. Ihre Sorge: Die an sich sinnvolle Interessenvertretung soll nicht noch mehr in Verruf geraten.

In anderen Ländern wie Kanada oder den USA gibt es Lobbyregister in ähnlicher Form bereits seit vielen Jahren.

🤔 Erster Schritt, aber verpasste Chance?

Die Meinungen zum kommenden Gesetz sind sehr verschieden. Manche sehen das Lobbyregister als ein Meilenstein für mehr Transparenz. Für andere beinhaltet es hingegen zu viele Ausnahmen.

Insbesondere der fehlende "exekutive Fußabdruck" stört Kritikerinnen und Kritiker. Die Idee dahinter: Durch entsprechende Markierungen in Gesetzestexten soll der Einfluss von Lobbyinteressen erkennbar sein.

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Galileo

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Lobbyismus einfach erklärt

Lobbyismus leitet sich von Lobby her, einer Wartehalle beispielsweise in Hotels oder eben in Parlamenten. Hier warteten in früheren Zeiten die Vertreterinnen und Vertreter bestimmter Interessensgruppen. Sie wollten den Politikerinnen und Politikern ihre Sicht auf Dinge und ihre Informationen nahebringen und damit Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen.

Selbst kritische Stimmen betonen oft die wichtige Funktion von Lobbyismus in einer Demokratie. Denn niemand in der Politik kann die Interessen aller im Blick haben. Hier kommen Lobbyistinnen und Lobbyisten ins Spiel: Sie können Informationen und Sichtweisen weitergeben und Fehler in der Gesetzgebung verhindern. Im Idealfall können Politikerinnen und Politiker dadurch eine objektive Entscheidung treffen.

Lobbygruppen können aber auch Einfluss auf die öffentliche Meinung nehmen. Das geschieht mit Interviews beispielsweise in TV-Talkshows, Pressemitteilungen oder Anzeigenkampagnen.

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Wie arbeiten Lobbyistinnen und Lobbyisten? Galileo hat im Interview nachgefragt

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Beispiele von Lobbyismus in Deutschland

🛣 In Deutschland intensiv und schon lange diskutiert: das Tempolimit auf deutschen Autobahnen. Umweltverbände verweisen auf einen möglichen Rückgang des Kohlendioxid-Ausstoßes, zudem soll die Zahl der Unfälle mit Todesfolge dadurch gesenkt werden. Gegen ein Tempolimit wehrten sich bisher Automobilverbände mit zahlreichen Mitgliedern sowie die finanzkräftige Automobilindustrie mit mehreren hunderttausend Arbeitsplätzen.

🚗 In der Corona-Krise hatte die Auto-Industrie immer wieder eine Kaufprämie für Autos mit Verbrennungsmotor gefordert. Auch Gewerkschaften und Landesregierungen aus Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen (Heimat von BMW, Daimler und Volkswagen) unterstützten diesen Wunsch. Die Bundesregierung nahm dann aber lediglich eine Kaufprämie für Elektro-Autos ins Konjunktur-Paket auf.

🏖 Gerade während den Diskussionen um das Konjunkturprogramm der Bundesregierung in der Corona-Krise zeigte sich der Einfluss von Lobbygruppen. Beispielsweise forderten Tourismusverbände finanzielle Hilfen und Digitalkonzerne die Rücknahme schärferer Datenschutz-Vorgaben - jeweils mit Verweis auf die Pandemie.

🚜 Völlig überraschend hatte 2017 der deutsche Landwirtschaftsminister Christian Schmidt in der EU-Kommission für eine Zulassung des umstrittenen Unkrautbekämpfungsmittels Glyphosat bis 2022 gestimmt. Obwohl das Umweltministerium und auch die Mehrheit der Deutschen für ein Verbot waren. Monsanto, der weltweit größte Produzent von Glyphosat, soll intensiv Lobbyismus und Medienberichten zufolge zudem heimlich Studien finanziert haben, die die Vorteile der Nutzung des Unkrautbekämpfungsmittels hervorheben.

👱 Der Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor soll in einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier um politische Unterstützung für das US-Unternehmen Augustus Intelligence geworben haben. Außerdem soll Amthor den Unternehmensgründern Kontakte in verschiedenen Bundesministerien verschafft haben. Im Gegenzug habe der CDU-Politiker einen Direktorenposten sowie Aktien-Optionen bei dem Unternehmen erhalten. Nach Kritik auch aus der eigenen Partei beendete Amthor seine Tätigkeiten für August Intelligence sowie seine bezahlte Nebentätigkeit für eine mit dem Unternehmen in Verbindung stehende Wirtschaftskanzlei.

Kritik am Lobbyismus

  • Ein wichtiger Faktor beim Erfolg von Lobbyismus ist Geld. Geld bedeutet mehr Lobbyist:innen und mehr Öffentlichkeitsarbeit. Im Umkehrschluss heißt das: Ist ein Interessensverband mitglieder- oder finanzschwach, ist sein Einfluss oft geringer. Das macht es beispielsweise Umweltverbänden schwer, ihre Argumente im Kampf für einen besseren Umweltschutz gegen den Einfluss ganzer Industriezweige sichtbar zu machen.

  • Affären, wie die von Philipp Amthor, tragen ebenfalls zum negativen Bild von Lobbyismus bei. Wenn politische Positionen missbraucht werden, um daraus persönliche oder gar geldwerte Vorteile zu ziehen, nimmt das Vertrauen in die Politik Schaden.

  • Oft wird auch die fehlende Transparenz bemängelt. Lobbyismus findet meist diskret statt, in Hinterzimmern (und eben nicht mehr in der Parlaments-Lobby). So ist es für die Öffentlichkeit schwer zu erkennen, ob eine politische Entscheidung maßgeblich von Lobbygruppen beeinflusst wurde.

Einfluss auf die öffentliche Meinung über Social Media

💻 Durch Social Media hat sich auch der Einfluss von Lobbyist:innen auf die öffentliche Meinung verändert. Zeitungs- und Fernsehanzeigen kosten viel Geld.

📲 Mit Social Media ist es möglich, Kampagnen auf einem eigenen Account bei Facebook oder Instagram zu veröffentlichen - und diese dann von Influencer:innen verbreiten zu lassen.

👁 Dadurch ist es einfacher als noch vor einigen Jahren, mit viel Geld viel Aufmerksamkeit zu bekommen. Und das macht es kleinen Interessenverbänden wiederum schwer, auf ihre möglicherweise wichtigen Sichtweisen hinzuweisen.

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