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Russischer Corona-Impfstoff: Wird Sputnik V bald auch bei uns eingesetzt?

  • Veröffentlicht: 05.03.2021
  • 16:00 Uhr
  • Galileo
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© Sven Hoppe/dpa

Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hat ein schnelles Prüfverfahren für den russischen Corona-Impfstoff Sputnik V gestartet. Was kann der Impfstoff aus Russland? Und: Welche Vakzine sind weltweit noch im Einsatz?

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Das Wichtigste zum Thema Corona-Impfstoffe

  • Knapper Impfstoff und Liefer-Engpässe verzögern die Corona-Impfungen.

  • Dadurch rücken auch Vakzine in den Fokus, die hierzulande noch nicht genutzt werden: Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) hat nun ein schnelles Prüfverfahren für den russischen Corona-Impfstoff Sputnik V eröffnet. Wie das abläuft, erfährst du weiter unten.

  • Was weiß man über die Wirksamkeit des Vakzins aus Russland? Und welche Präparate könnten noch eingesetzt werden? Wir geben dir den Überblick.

Wie der Corona-Gipfel abgelaufen ist und was sich jetzt ändern soll, kannst du hier nachlesen.

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EU-Arzneibehörde prüft Sputnik V

☝ Der Hersteller von Sputnik V hatte zuvor schon mehrfach angegeben, dass ein Zulassungs-Antrag bei der EU-Behörde gestellt worden sei. Nach Angaben der EMA war das aber nicht der Fall.

⏭ Nun aber wollen Experten der EMA die Wirksamkeit von Sputnik V nach dem schnellen "Rolling-Review-Verfahren" prüfen.

🧐 Dabei werden Tests schon geprüft, auch wenn noch nicht alle Ergebnisse vorliegen und auch kein Zulassungs-Antrag gestellt wurde.

💉 Die Prüfung begründet die EMA so: Laut Ergebnissen von Laborversuchen und klinischen Studien bei Erwachsenen rege Sputnik V die Bildung von Antikörpern gegen das Virus an und könne beim Schutz vor Covid-19 helfen.

📆 Ob und wann das Vakzin bei uns zugelassen wird, ist noch offen.

Wirksamkeit von Sputnik V aus Russland 🇷🇺

Der Wirkstoff aus Russland war im Sommer 2020 als weltweit erster freigegeben worden - obwohl er zuvor an weniger als 100 Probanden getestet worden war. Das sorgte für heftige Kritik - trotzdem begann die Massen-Impfung der russischen Bevölkerung im Dezember.

Zuletzt hat die renommierte Fachzeitschrift "The Lancet" vorläufige Ergebnisse der Phase-3-Studie mit rund 20.000 Probanden veröffentlicht, die von internationalen Wissenschaftlern überprüft wurden.

Demnach bietet Sputnik V eine hohe Wirksamkeit von 91,6 Prozent. Das bedeutet: In der geimpften Gruppe traten 91,6 Prozent weniger Erkrankungen pro 100 Probanden auf als in der Kontrollgruppe.

Damit hätte Sputnik V nahezu die gleiche Wirksamkeit wie die Impfstoffe von Moderna und Biontech/Pfizer und eine höhere als das Mittel von AstraZeneca.

Die Entwicklung des Vakzins sei als übereilt, nicht gründlich und intransparent kritisiert worden, schreiben Wissenschaftler in einem Kommentar zur Studie. Aber das Ergebnis sei "klar und das wissenschaftliche Prinzip der Impfung dargelegt worden: Das heißt, ein weiterer Impfstoff kann nun in den Kampf gegen COVID-19 gebracht werden, um die Infektionszahlen zu reduzieren."

Schwerwiegende Nebenwirkungen habe es bei Sputnik V nur selten gegeben - die haben die Forscher aber nicht auf das Vakzin zurückgeführt. Einige der Geimpften hätten von Schmerzen an der Einstichstelle oder grippe-ähnlichen Symptome berichtet. Diese Nebenwirkungen sind auch für die in der EU zugelassenen Impfstoffe bekannt.

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Wieviel Dosen wird es geben?

An der Finanzierung der Sputnik-Entwicklung ist Russlands staatlicher Direktinvestment-Fonds RDIF beteiligt. Er kündigte für den Fall der Zulassung an, 50 Millionen Menschen in der EU mit dem Impfstoff zu versorgen. Im Juni könne es losgehen, so der RDIF-Chef Kirill Dmitrijew.

Die EU-Kommission verhandelt aktuell noch nicht mit den Sputnik-Herstellern über einen Liefer-Rahmenvertrag für alle 27 EU-Staaten. Das könnte sich aber ändern, wenn die Mitgliedsstaaten entscheiden, das Portfolio an Impfstoffen für die EU zu erweitern.

Sputnik V...

🧫 … ist ein Vektor-Impfstoff und funktioniert ähnlich wie das Vakzin von AstraZeneca: Ein harmloses Erkältungs-Virus wird als Transporter genutzt, um genetische Informationen für ein Protein des Erregers - hier also SARS-CoV-2 - in den Körper zu schleusen. Das Ziel: Das Immunsystem bildet Antikörper gegen das Protein.

🔬 … wurde am Gamaleya-Institut für Epidemiologie und Mikrobiologie in Moskau entwickelt.

🆒 … kann bei 2 bis 8 Grad gelagert werden.

💉 … ist bislang in 42 Ländern mit einer Gesamtbevölkerung von 1,1 Milliarden Menschen registriert. In Ungarn und der Slowakei ist das Vakzin schon ohne EMA-Zulassung freigegeben.

🛰 … wurde nach dem 1. sowjetischen Satelliten im All benannt.

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Weitere Impfstoffe aus China 🇨🇳

In China sind aktuell besonders viele Corona-Impfstoffe in der Entwicklung. Vielversprechend sind insbesondere die Vakzine der Unternehmen Sinovac und Sinopharm.

BBIBP-CorV von Sinopharm

Laut einer Zwischen-Auswertung der Phase-3-Studie an 30.000 Freiwilligen in den Vereinigten Arabischen Emiraten soll die Wirksamkeit von BBIBP-CorV bei 79 Prozent liegen. Auch in Bahrain und Peru laufen aktuell Phase-3-Studien.

Aber: Bislang wurden keine detaillierten Informationen zu den Ergebnissen veröffentlicht. Im Fachblatt "The Lancet" erschien eine Studie zu den Phasen 1 und 2, wonach der Wirkstoff beim Menschen die Produktion von Antikörpern gegen SARS-CoV-2 anrege und keine bedenklichen Nebenwirkungen auslöse.

Auf dieser Seite erfährst du, wie genau die 3 Phasen aussehen, die ein Impfstoff durchläuft.

Ob und wann eine reguläre Zulassung des Wirkstoffs in der EU erfolgen kann, ist noch unklar.

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CoronaVac von Sinovac

In Brasilien läuft seit Ende Juli zusammen mit dem Butantan-Forschungsinstitut Studien-Phase 3 an rund 13.000 freiwilligen Probanden. Weitere Studien der Phase 3 gibt es unter anderem auch in Indonesien und der Türkei.

Je nach Land bewegen sich die Angaben zur Wirksamkeit von CoronaVac zwischen 50 und 91 Prozent. Auch hier fehlen detaillierte veröffentlichte Daten. 50 Prozent sind die Mindestanforderung, die von vielen Behörden für die Zulassung eines Coronavirus-Impfstoffs festgelegt wird.

BBIBP-CorV und CoronaVac ...

🔬 … sind Tot-Impfstoffe. Das heißt, sie setzen auf inaktivierte Viren - wie auch der jährlich angepasste Grippe-Impfstoff oder Vakzine gegen Polio. Dabei werden infizierten Personen SARS-CoV-2-Viren entnommen, vervielfacht und abgetötet. Der Körper reagiert auf die inaktivierten Erreger - das Abwehrsystem wird angeregt.

🌏 BBIBP-CorV ist in China sowie den Arabischen Emiraten und Bahrain schon zugelassen. Auch Jordanien, Pakistan und Peru haben einen Einsatz angekündigt. Und: Ungarn hat bereits 5 Millionen Dosen geordert - auch hier ohne Zulassung durch die EMA.

🌏 CoronaVac wird trotz unveröffentlichter Daten aus den Phase-3-Studien bereits in China, Brasilien, Chile, Indonesien und der Türkei verimpft.

Wann kommt die EU-Zulassung?

Ein Vakzin wird von der EMA nur dann zugelassen, wenn es Studien zur Wirksamkeit, Verträglichkeit und Zuverlässigkeit gibt. Laut SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach seien Vorab-Publikationen nötig, aus denen detailliert hervorgehe, ob die Impfstoffe wirklich vor Covid-19 schützen und wie oft welche Nebenwirkungen auftreten. Diese könnte die EMA dann sichten - zusammen mit weiteren Daten, die die Hersteller nachreichen.

Bisher ist aber nicht klar, ob und wann die Firmen solche Daten liefern. Außerdem gibt es keine Erkenntnisse darüber, wie gut die Mittel gegen Virus-Mutationen schützen.

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Weitere Impfstoff-Kandidaten

🇺🇸 Ad26.COV2.S, der Impfstoff des US-Konzerns Johnson & Johnson bietet laut einem Zwischen-Ergebnis der Phase-3-Studie eine Wirksamkeit von 66 Prozent. Schwere Erkrankungen vermeide er zu 85 Prozent. Das Mittel hat den Vorteil, dass von ihm nur eine Dosis verabreicht werden muss - und nicht wie üblich 2. Ähnlich wie bei den Vakzinen von AstraZeneca und Sputnik V ist auch Ad26.Cov2.S ein Vektorimpfstoff, der auf einem genetisch veränderten Erkältungs-Virus basiert. Für die Lagerung heißt das: Kühlschrank-Temperaturen reichen aus. Am 11. März wird die EMA voraussichtlich die Zulassung empfehlen. Die endgültige Entscheidung über eine Zulassung trifft die EU-Kommission - das gilt aber als Formsache.

🇺🇸 NVX-CoV2373US, das Mittel des US-Herstellers Novavax, soll eine Wirksamkeit von rund 90 Prozent haben, verkündete das Unternehmen auf Basis von vorläufigen Test-Ergebnissen. Und: Die Impfung soll genauso gut gegen die britische Virus-Mutation wirken. Die EU ist bereits in Vertrags-Verhandlungen mit Novavax. Ein Ergebnis steht noch aus.

🇩🇪 Curevac, der Corona-Impfstoff aus Tübingen, ist derzeit noch in der Entwicklung. Das Mittel soll wie die Vakzine von Biontech und Moderna auf sogenannten "messenger RNA" basieren. Das Unternehmen rechnet mit einer Zulassung im 2. Quartal 2021. Vor ein paar Wochen hatte Curevac eine Kooperation mit dem Pharmakonzern Bayer angekündigt. Durch die Zusammenarbeit sollen 2022 mindestens 1 Milliarde Dosen zur Verfügung stehen. Unklar ist bislang aber, ob es Auffrisch-Impfungen braucht und ob der Impfstoff wegen neuer Mutationen angepasst werden muss.

🇮🇷 Coviran Barekat aus dem Iran wurde nach iranischen Angaben seit Ende 2020 mehrmals erfolgreich getestet. Ergebnisse zeigen laut Minu Mohraz, Mitglied des iranischen Corona-Krisenstabs, dass er sogar "die neuartige und weitaus gefährlichere englische Variante des Virus neutralisiert hat". Der 2. lokale Impfstoff "Pasteur" sei derzeit in der Testphase. Gleichzeitig arbeitet der Iran mit kubanischen Experten an dem Corona-Impfstoff "Soberana 02".

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